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von Oli » Fr 28. Jun 2013, 20:09
Sei es drum, ich hab mich direkt daran gesetzt, Euch das Kapitel niederzuschreiben. Bitteschön:
Fermentation von Stroh als Alternative zum Kochen von Strohballen
Natürlich kann man Austernpilze ebenso wie z.B. Braunkappen auf gewässerten Strohballen anbauen, die Austernseitlinge sind jedoch wesentlich empfindlicher, die Gefahr einer Fremdbesiedelung ist grösser, auch wenn einwandfreies Stroh verwendet wurde.
Ein neues Vorgehen ähnlich der Sauerkrautgärung ist erfolgversprechender. Bei der anaeroben Fermentation sorgen Mikroorganismen beim Gärvorgang dafür, dass das Stroh sauer wird. Unerwünschte Pilze und Bakterien können in diesem Milieu nicht existieren, der Austernseitling schon.
Er kann sich ungehindert im fermentierten Stroh ausbreiten ohne Konkurrenzdruck.
Es darf nur gesundes, nicht mit "Roundup" oder Pilzbekämpfungsmitteln behandeltes Stroh verwendet werden.
Es soll keine Strohbrut, sondern Körnerbrut verwendet werden. Pro Strohballen 1l = 650g Körnerbrut (nicht lange lagerfähig, bei 2-4° etwa 3 bis 4 Wochen).
Vorbereitung:
Der Strohballen muss mehrere Wochen vollkommen unter Wasser getaucht werden, er darf nicht mit Sauerstoff in Verbindung kommen. (Wird der Ballen in eine Folie eingewickelt, in die Wasser gegeben wird, so muss an Luftlöcher gedacht werden, damit die bei der Gärung entstehenden Gase entweichen können.)
Wie lange die Fermentation dauert, hängt von der Temperatur ab. Bei 20°C 2 Wochen; bei 15°C 3 Wochen, bei nur 10°C kommt die Fermentation kaum in Gang.
Hat der Ballen eine hellgelbe Farbe bekommen und riecht er säuerlich, ist die Gärung abgeschlossen. Danach noch 1 Tag abtropfen lassen, damit die Brut nicht erstickt.
Beimpfung erfolgt dann auf herkömmliche Art, pro gebohrtem Loch werden 2-3EL Pilzbrut in den Ballen gegeben. Der Ballen danach mit einer Plastikfolie abgedeckt, in die man etwa 24 Löcher sticht. (= Das Wachstum des Myzels wird durch erhöhten CO2-Gehalt angeregt/Folie schützt vor Austrocknung/vor zuviel Regen)
Für ein rasches Durchwachsen sollte es mindestens 15°C warm sein, optimal 20-25°C, nie über 30°C.
Je nach Temperatur ist der Ballen nach 3-5 Wochen durchwachsen, die Folie muss entfernt werden da nun eine erhöhte CO2-Konzentration zu Deformationen am Fruchtkörper führt.
Bei Dauerregen = Frischluftmangel = CO2-Überschuss: Dach erstellen oder Ballen mit gelochter Folie abdecken.
Bei anhaltender Trockenheit, Ballen mit 1l Wasser giessen, mässig feucht halten.
Ernte
Je nach Temperatur und Witterung lassen sich nach 2-3 Wochen die ersten Pilze entdecken und können nach weiteren 10 Tagen abgeerntet werden. (Hut in der waagerechten Stellung)
Für 2-3 Monate reifen in Wellen immer neue Fruchtkörper heran, solange für den jeweiligen Typ Austernseitling die richtigen Temperaturen herrschen. Winterausternseitlinge können im Gewächshaus bis in den Dezember hinein geerntet werden, ansonsten sind die Kulturen weitestgehend frosthart, im Herbst geimpfte Ballen treiben im Frühjahr neue Fruchtkörper.
Pro Ballen 4-5 kg Ertrag.
Zusammenfassung nach Jolanda Englbrecht "Pilzanbau in Haus und Garten", ISBN 3-8001-6828-6