Kirschpflaume

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emil17
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Kirschpflaume

#1

Beitrag von emil17 » Mi 20. Mär 2024, 20:11

Ich habe neulich unter einer Kirschpflaume Keimlinge gefunden und ausgegraben. Obwohl gleicher Name, sind die Früchte verschiedener Bäume sehr unterschiedlich, von säuerlich-wässerig-fad bis hin zu wohlschmeckenden Zuckerbomben.
Ich kenne die Elternpflanze, das ist ein grosser Busch am Rand eines Weinbergs und macht gelbe süsse reichlich 2 cm grosse kugelrunde Früchte.
Die Kerne vom letzten Jahr (die Früchte erntet niemand) sind dieses Jahr extrem früh gekeimt, wegen geschützter Lage vor sonniger Mauer, kahlem Boden unter dem Schirm der Elternpflanze und weil das Frühjahr bisher feucht war. Normalerweise gehen sie wegen Schatten und Trockenheit spätestens im Sommer alle wieder ein.
Mal sehen was daraus wird. Es braucht schon einige Jahre Geduld, bis sie tragen.
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Nordhang
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Re: Kirschpflaume

#2

Beitrag von Nordhang » Sa 23. Mär 2024, 07:35

Ja die Sämlinge brauche etwas bis sie fruchten. Ich muss mal schauen ob mein 4 Jahre alter grünroter Blutpflaumensämling noch lebt. Im südwesten Deutschlands fallen mir fast nur die wässrig süßen Blutpflaumen auf. Geschmacklich süße Notnahrung. In den größeren Städten werden die grünlaubigen Sträucher gerne von türkischen Familien geerntet um sie vor der Vollreife einzulegen. Sämlinge sind da nicht zu erkennen.Mit etwas Glück finde ich dieses Jahr noch eine reife Frucht zum testen. Vielleicht wäre ein Wurzel schnittling eine Option, nicht das du einen langweilig schmeckenden Mischling betüttelst

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Re: Kirschpflaume

#3

Beitrag von emil17 » Sa 23. Mär 2024, 17:08

Sämlinge findet man manchmal massenhaft unter den Sträuchern selbst, da wo wegen Lichtmangel kein Gras ist. Die gehen dann später alle wieder ein.
Die besseren Sorten könnte man auf Unterlagen aus den gewöhnlichen Kirschpflaumen pfropfen. Das ist aber eine Fummelei, weil die einjährigen Zweige so dünn sind. Und cerasifera nicht mit insitita verwechseln - die einen haben fein perzig behaarte Zweige, die anderen sind kahl und im vorjährigen Holz rein grün. Die Blätter sind fast gleich. Beide Arten habe am Stämmchen manchmal Sprossdornen. Wenn man die Arten kombiniert, gehen die Pfropfreiser nicht an.
Ob durch Selbstbestäubung hervorgegangene Sämlinge einer guten Sorte auch gut sind oder in die fade Stammform zurückschlagen, weiss ich vielleicht in einigen jahren.
Falsch betüddeln ist hier weniger das Risiko, die kommen alle in eine Hecke.

Das Einlegrezept der Türken würde mich interessieren, weil wir immer Massen von den faden, grüngelblich, rot überlaufenen Pfläumchen haben.
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Re: Kirschpflaume

#4

Beitrag von Tausch » Sa 23. Mär 2024, 18:27

Interessant was du zu Inkompatibilitäten schreibst. Ich dachte, dass die Myrobolan (P. cerasifera) im Französisch-sprachigem Raum für die Zwetschge als Unterlage benutzt wurde. Dass es für Damassine unterschiede gibt ist mir neu. Das ist doch die interstitia, oder?

Welche Kombinationen gehen nicht, oder gingen nicht bei dir?

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Re: Kirschpflaume

#5

Beitrag von Nordhang » Sa 23. Mär 2024, 18:28

Du wirst fündig wenn du Erik oder türkische grüne Pflaumen suchst. Hatte es damals so verstanden das sie in Salz eingelegt werden. Scheinbar ist man sie aber meist frisch mit einer Prise Salz.

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Re: Kirschpflaume

#6

Beitrag von emil17 » Sa 23. Mär 2024, 22:01

Danke für den Hinweis zum EinlegenH

Wegen den Myrobalanen, Damscenen und so weiter: die insititia-Gruppe sind die mit den flaumig behaarten Zweigen, da gehören auch die Hauszwetschgen dazu, obwohl die domestica heissen. Die cerasifera ist die eigentliche Kirschpflaume. Die tendieren im Geschmack zu säuerlich-fad, die insititia eher zu langweilig-mehlig. Von beiden Arten gibt es aber köstliche Sorten.
Zwetschge auf insititia pfropfen geht, auf cerasifera geht nicht. Unsere Hauszwetschgen kann man aber auch aus Kernen vermehren.
Von beiden gibts zahlreiche Sorten, Unterarten, Kreuzungen, Varietäten und Lokalbezeichnungen. In Österreich und vor allem auf dem Balkan soll es damit noch viel reicher sein.

Eine ziemliche Verwirrung. Mir hilft das Zweigmerkmal für die Zuordnung am besten, die Nomenklatur schafft leider mehr Verwirrung als dass sie hilft.
Hier werden die Pfropfunterlagen für cerasifera-Sorten als Prunier St.Julien bezeichnet. Ob das nun die ist, die bei uns in der Gegend häufig wild vorkommt, weiss ich nicht. Mit der Unterlage kann man z.B. manchen Sorten oder Varietäten die lästige Neigung zu Wurzelschösslingen nehmen, oder sie besser auf trockene Böden anpassen.
Hier noch ein Bild einer riesigen, von Schneebruch völlig ruinierten alten Kirschpflaume bei einer verfallenden Feldscheune. Da möchte ich im Spätsommer nochmal hin um zu schauen, ob und was die für Früchte hat.
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Re: Kirschpflaume

#7

Beitrag von Tausch » Sa 23. Mär 2024, 22:14

Also du sagst, Zwetschgen/Pflaumen/Mirabellen etc. sind in 2 Gruppen zu unterteilen:
°Die eine mit behaarten Zweigen (1-jähriges Holz?)
°Die andere mit glatten Zweigen und grünem 1-jährigem Holz

Innerhalb dieser Gruppen lässt es sich veredeln, ausserhalb nicht. Verstehe ich dich richtig?
Falls ja, weisst du was für einen Inkompatibilitäts-Mechanismus es ist, und woher ist die Info?

Ich habe gerade wieder ein paar veredelt, habe aber nicht auf die Farbe und Behaarung geachtet.

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Re: Kirschpflaume

#8

Beitrag von emil17 » So 24. Mär 2024, 10:40

Du verstehst mich insofern richtig, als dass die beiden Gruppen untereinander sicher inkompatibel sind. Ob aber alle Varietäten oder Unterarten innerhalb der selben Gruppe sich sicher vertragen, ist eine andere Frage. Die Arten, Sorten, Varietäten der Gruppe sind nämlich zum Teil erbfeste Bastarde und unterscheiden sich in der Anzahl Chromosomen. Da hilft dann nur ausprobieren.
Pfropfen ist eine komplexe Wissenschaft, und ich würde mich wenn möglich auf die praktische Erfahrung von Baumschulen verlassen, wenn solche zur Verfügung stehen. Ich habe dazu ein Buch über Gehölzvermehrung von 1911, und da steht drin, dass es Fälle gibt, wo Unterlage A und Edelreis B gehen, aber Edelreis A und Unterlage B nicht. Gut, das waren Ziergehölze - wer pfropft schon bei Obst Sämlingsreiser auf Edelunterlage. Ebenfalls hat man schon Doppelpfropfungen gemacht, um zwei inkompatible Varianten durch einen Zwischenteil zu verbinden, der sich mit beiden verträgt.
Wo man es weiss, dass es geht, ist Vermehrung mit Kernen bei Steinobst die einfachste Variante, auch wenn es ein oder zwei Jahre länger dauert bis man Ertrag hat.
Das nächste Problem ist dann, dass manche Pfropfungen zwar gelingen, es aber einen schlecht wüchsigen Baum gibt. Man merkt es etwa daran, dass die Unterlage dauernd wieder austreibt und diese Schosser, die man nicht möchte, viel kräftiger als der verhaltene Austrieb der Sorte darauf sind.
Deshalb sind langjährige Erfahrungen von lokalen Baumschulen wertvoll. Die sind aber in Zeiten, wo jeder Hauptsache billig im Supermarkt kauft (und sich dann wundert, wenn die Sorten im Garten heikel oder unbefriedigend sind), für Kleingärten und Privatkunden mit geringer Abnahmemenge am Aussterben. Ganz anders ist es im gewerblichen Wein- und Obstbau, wo riesige Mengen mit Pfropfmaschinen veredelt werden.
Am einfachsten ist es, dass man junge Unterlagen beider Gruppen hat. Die kann man kopulieren. Der Umgang mit kleinen wurzelnackten Unterlagen ist einfacher als im Gelände am stehenden Bäumchen zu pfropfen. Ich stecke dazu die Wurzeln der Unterlage in einen Gefrierbeutel, damit sie nicht austrocknen, und hefte den mit einer Wäscheklammer am Stämmchen fest. Dann veredle ich bequem am Arbeitstisch sitzend, mache ein provisorisches Etikett aus Malerkrepp mit einer Nummer (und selbstverständlich eine Liste, was was ist) und pflanze dann in einen grossen Topf, der erst an Ort kommt wenn das Reis angegangen ist. So kann man verschiedene Unterlagen ausprobieren und es ist nicht weiter tragisch, wenn etwas nicht geklappt hat.
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Re: Kirschpflaume

#9

Beitrag von Nordhang » So 24. Mär 2024, 11:07

Jetzt hast du mich auf den Geschmack gebracht ich probiere Stecklinge aus. Das klappt je nach Art auch für Gärtner mit grober Motorik. :mrgreen: Meine alte Literatur sollte ich mal dringend sichten, aber mal kurz ein Buch in altdeutscher Schrift durchzulesen ist spannend aber mühsam. Alle paar Wochen ein paar Seiten reichen mir.

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Re: Kirschpflaume

#10

Beitrag von emil17 » So 24. Mär 2024, 12:50

Da brauchst du etwas Frustrationstoleranz. Nicht alle Gehölze gehen mit Stecklingen.
Es gibt Bewurzelungspulver auf Algenextraktbasis sowie synthetische Präparate auf Indolacetatbasis. Die kriegt man aber nicht einfach so. Profis bringen damit noch einen Besenstiel zum Einwurzeln. Na ja, fast jedenfalls.
Man kann auch einfach die Steckreiser zusammen mit Weidenzweigen in eine Vase stellen und sie einpflanzen, sobald sie sich bewurzelt haben.
Wenn wie meist die Zweige stark vortreiben, muss man beim Einpflanzen fast alle grünen Austriebe wieder wegnehmen und die Pflanze anfangs schattieren, weil sonst die zarten Würzelchen die Austriebe nicht ausreichend mit Wasser versorgen können. Auspflanzen sehr sorgfältig, damit nichts abbricht.
Es sollte auch mit frischen Trieben unter Glas (umgestülpte Einweckgläser) im Sommer gehen.
Bei Steinobst ist aber Vermehrung durch Kerne oder Pfropfen üblich.

Ein alter Trick, der Geduld braucht, aber manchmal ganz gut funktioniert, sind Ableger. Dazu legt man einen niedrigen Trieb der zu vermehrenden Pflanze ab und heftet ihn mit einem Stück Draht oder zwei gekreuzten Hälzchen an den Boden, oder stellt gleich einen Blumentopf dort hin. Dort sollten sich dann Wurzeln bilden, wenn man die Stelle gut feucht hält. Man kann dann den Ableger wegnehmen, wenn er genug Wurzeln hat.
Bei aufrechten Gehölzen wie Steinobst dürfte das nicht so gut gehen, weil man die Äste nicht auf den Boden bekommt. Man kann versuchen, einen Klumpen Moos oder Torf um einen Trieb binden und in Plastikfolie einpacken und stets gut feucht halten. Bei Stachelbeeren, Liguster, Forsythia und anderen Arten geht das hingegen sehr gut, nur wachsen die auch problemlos aus Steckholz.
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